3. Winterabendvortrag: Theodor Fontane und die "Uhr-Zeit!"

14.03.2019

Wir danken  Frau Kisant für den sehr interessanten Vortrag zu Fontanes Familienerbstück und zur Bedeutung der Uhr für die gelehrten insgesamt.

 

Die rund 200 Jahre alte Standuhr des Romanciers und die Macht der Zeit waren Themen in einem Vortrag der Kunsthistorikerin Silke Kiesant, Kustodin für Uhren bei der SPSG. Darin erläuterte sie die Bedeutung des Familienerbstücks und den Weg der Uhren aus den Studierstuben der Gelehrten in das öffentliche Leben.

 

Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sie sich mit der Geschichte der Berliner Uhrenproduktion des 18. Jahrhunderts. Ein besonderes Objekt ihrer Forschungsarbeit ist im Besitz des Neuruppiner Museums und dort ausgestellt: Die rund zwei Meter hohe, in einem Gehäuse aus Kirschholz gefasste Standuhr Fontanes wurde zwischen 1799 und 1813 angefertigt. „Das wurde bei einer Untersuchung der Federn und Zahnräder im Inneren des Uhrwerks festgestellt“, so Silke Kiesant. Auch belegt eine Gravur, dass der damals renommierte Berliner Uhrmacher Christian Friedrich Kleemeyer verantwortlich für das Uhrwerk zeichnete.

 

Pierre Barthélemy Fontane, Theodors Großvater, Maler und kurzzeitig Kabinettssekretär der Königin Luise von Preußen, erwarb die Uhr, die fortan die Familie begleiten sollte. Von Berlin aus fand sie den Weg in das Neuruppiner Arbeitszimmer des Apothekers Louis Henry Fontane, dem Vater des späteren Romanciers. Nach dem Verkauf der Löwen-Apotheke zog die Familie nach Swinemünde und bald zurück nach Berlin, wo die Uhr in Theodor Fontanes Arbeitszimmer stand. Nach dessen Tod ging sie an Fontanes jüngsten Sohn Friedrich, dessen Kinder die Uhr nach seinem Ableben 1941 an das Neuruppiner Museum verkauften.

 

Mehrere Bilder belegen, dass genau jene Uhr in Theodor FontanesArbeitszimmer gestanden haben muss, so Silke Kiesant. Sie zitiert aus einem Brief von Friedrich Fontane, der diese Uhr umschreibt und die Gewichtung des Familienerbstücks verdeutlicht. So schreibt der jüngste Spross des Schriftstellers, dass bereits Vater und Großvater einst unter den „Augen“ der Uhr entschlafen waren und er sich das gleiche Schicksal erhoffe. Theodor Fontane selbst äußerte sich zuweilen kritisch über die von Uhren ausgehende „Macht“ über seinen streng strukturierten Alltag, so Silke Kiesant weiter.

Ab dem späten Mittelalter hielt die Uhr mit Erfindung des mechanischen Uhrwerks als Instrument der Ordnung Einzug in das öffentliche Leben. Markt- und Toröffnungszeiten und gar das Exerzieren des Militärs wurden bald mit von Uhren gesteuerten Glockenschlägen verkündet. „Auch dadurch konnte der Herrschaftsanspruch der Obrigkeit verdeutlicht werden“, stellt Silke Kiesant in ihrem Vortrag fest. Heute ist unser Leben ohne Zeitgeber kaum mehr vorstellbar.

 

Auch Theodor Fontanes mittlerweile rund 200 Jahre alte Uhr läuft noch immer. „Es gibt kritische Stimmen, die besagen, dass eine solche Uhr dadurch an Wert verlieren würde“, sagt Silke Kiesant. „Aber zu welchem Zweck sonst baut man eine Uhr?“

 

(unter Verwendung eines Textes von Jan Philipp Stoffers aus der MAZ Feb. 2017)

 

 

F.200

Der Winterabendvortrag wurde gefördert von Kulturland Brandenburg - im Rahmen unseres Jahresthemas PARETZ.Fontane war hier

 

Bild zur Meldung: Silke Kisant, Foto: E. Gruber