Fontane.Orte

In den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Dritter Teil Havelland hat Theodor Fontane in Paretz folgende Orte beschrieben:

 

  • Das Schloss
  • Die Dorfkirche mit der Apotheose der Königin Luise und der "tote Kirchhof"
  • Das Alte Gasthaus - wo Fontane beim Hofgärtner Wilkens übernachtete
  • Das Erntefest - in der Paretzer Scheune
  • Den Tempel für teure Verstorbene und den Grottenberg
  • Die Luisenpforte – am Rohrhaus
  • Das Belvedere auf dem Hohensberg 

 

Der Verein Historisches Paretz hat in Absprache mit den Denkmalbehörden und der Stadt Ketzin zwei Informationstafeln aufgestellt, am Parkplatz und an der Bushaltestelle. Außerdem werden an den o.g. Orten mit kleinen Schilder den Besuchern die Beschreibungen Fontanes zu den 
Örtlichkeiten in Paretz bekannt gemacht. 

 

Besuchen Sie die Fontaneorte - an den beiden großen Infotafeln und den üblichen Ausgabestellen erhalten Sie einen Flyer mit Ortsplan, der Sie zu den  Punkten führt.

Schloss Paretz, Gartenseite, Paretzer Skizzenbuch

SCHLOSS PARETZ – KÖNIGLICHER LANDSITZ

Der renommierte Berliner Baumeister und höchste preußische Baubeamte David Gilly (1748-1808) erbaute das Herrenhaus im Jahre 1797 für den späteren preußischen König Friedrich Wilhelm III. und seine Gemahlin Luise. Das überaus schlichte Schloss diente dem Königspaar und seinen Kindern in den Jahren 1797 bis 1805 als Sommersitz. Fontane fand das Schloss fast unverändert: 

"Die Räume des Schlosses erlitten geringe Umwandlungen seit 1805; ein Zimmer blieb völlig intakt, das Schlafzimmer. Die Himmelbetten stehen noch wie damals; die Tische und Toiletten, das kleine Klavier, das die Königin selbst benutzte, die Kommoden in den Formen des ersten Kaiserreichs, – alles behauptet noch die alte Stelle; auch die »Supraporten« blieben, die Genien und Amoretten über der Tür. Noch flattern ihre Bänder, noch streuen sie Rosen, aber die Bänder sind vergilbt und die Rosen sind verwelkt. Selbst das Bild des Glückes konnte die Jugend nicht wahren."

Paretz um 1800

PARETZER DORFKIRCHE

Die Dorfkirche geht in ihren Ursprüngen auf die Zeit um 1200 zurück. Bedeutung erlangte sie allerdings erst durch ihre frühklassizistische Überformung 1797/98. Die Initiative dazu ging vom preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (III.) aus, die Pläne und Ideen dazu stammten von David Gilly. 

Fontane schreibt: "Wie jetzt das Kirchlein sich präsentiert, sticht es jedenfalls sehr vorteilhaft von dem gegenüber gelegenen Schloßbau ab, mit dem es nur das Alleräußerlichste und Gleichgültigste, die gelbe Tünche, gemein hat. Wieviel Anheimelndes in dieser gotischen Formenfülle, in diesem Reichtum von Details,..."

ehem. Gasthof ca. 1995, heute Fam. Stich

DER ALTE GASTHOF & DER HOFGÄRTNER WILKEN

Bei Fontanes Besuch in Paretz kam es zu einem heftigen Unwetter, die Straßen wurden unpassierbar. Der Hofgärtner Wilken lud Fontane ein bei ihm zu übernachten, im alten Gasthaus, das zwischenzeitlich zum Haus des Hofgärtners geworden war.

"Als es vorüber war, war es zu spät, den Rückweg anzutreten; die Wege waren grundlos, die tiefen Stellen unter Wasser; wir blieben zu Nacht. Wer eingeregnet und eingewittert, möge es immer so gastlich treffen, wie wir im Gärtnerhause zu Paretz." schreibt Fontane.

Paretzer Erntefest, Lithographie Carl Röchling

DAS PARETZER ERNTEFEST

Das von Friedrich Wilhelm III. von Preußen und seiner Frau Luise begründete Dorffest wurde durch die eindrückliche Beschreibung Fontanes berühmt. Seit den 1990ger Jahren findet es wieder alle 4 Jahre Ende September in der Paretzer Scheune und dem ganzen Dorf statt. Ausführlich beschreibt Fontane das Erntefest:

"...Diese Erntefeste, die bald einen Ruf gewannen, machten das stille Paretz zu einem Wallfahrtsort für nah und fern. Jeder Besucher hatte Zutritt, König und Königin ließen sich die Fremden vorstellen, äußerten ihre Freude über zahlreichen Zuspruch und baten: »über's Jahr wieder unter den Gästen zu sein.« Es waren wirkliche Volksfeste, und wohl mochte der General von Köckritz damals schreiben: »Ich habe in Paretz wieder allerfroheste Tage verlebt. Wir haben uns ungemein divertiert und alles Angenehme des Landlebens in ganzer Fülle genossen, wobei die Jagd und Wasserfahrt die Hauptbelustigung waren. Ein besonderer Festtag aber war das Erntefest. Die Königin mischte sich in die lustigen Tänze. Hier war Freiheit und Gleichheit; ich selbst, trotz meiner fünfundfünfzig Jahre, tanzte mit.«..."

Fotos vom Erntefest 2019

Grottenberg, Tempelchen und Japanisches Teehaus, Paretzer Skizzenbuch

DER TEMPEL FÜR TEURE VERSTORBENE UND DER GROTTENBERG

 

Fährt man von Uetz nach Paretz, so sieht man ab der Brücke über den Kanal in der Achse der Straße einen künstlichen Hügel – den Grottenberg. Nach erfolgreichen Archäologischen Grabungen 2013 soll der Grottenberg und das Tempelchen in Kürze rekonstruiert werden.

"Die Jahre gingen; so kam der Juli 1810. In der Parkgruft zu Charlottenburg senkte sich der Sarg der Königin; in die Tempelwand zu Paretz wurde eine graue Marmortafel eingelassen, die nunmehr die Inschrift empfing: »Gedenke der Abgeschiedenen.« Mehr und mehr erhob sich der Tempel zu einer Stätte des Familienkultus; in seiner Front, an eben der Stelle, wo die heimgegangene Königin so oft geruht hatte, wurde ein Friedensengel mit Kranz und Palmenzweig errichtet; der Tempel von Paretz war zu einem Vereinigungspunkt, fast zu einem Symbol geworden, das jedem Familiengliede das Beste bedeutete, was der Mensch hat: Liebe, Treue, Pietät." T. Fontane

 

Fotos von der Baustelle Gottenberg & Tempelchen vom Oktober 2019

Luisenpforte, Foto ca. 1910

DIE LUISENPFORTE AM ROHRHAUS

Fontane schrieb: "Die Sonne neigte sich; tiefer und länger dehnten sich die Schatten über die Landschaft und mahnten zum Aufbruch. Aber die Königin wollte so lange als möglich an diesem ihrem Lieblingsorte verbleiben; sie wartete bis zum Niedergang der Sonne und sprach dann vor sich hin:

»Die Sonne eines Tages geht dahin;

Wer weiß

Wie bald die Sonne unsres Lebens scheidet.«"

 

Bei ihrem letzten Besuch in Paretz verweilte die Königin Luise am Aussichtspunkt am Rohrhaus bis der Tag sich neigte. Die Luisenpforte wurde im Auftrag des Königs Friedrich Wilhelm III von Preußen nach dem Tode seiner Gemahlin Luise zum Gedenken an sie 1811 errichtet. Nachdem die Luisenpforte durch unbekannte Schrottdiebe teilweise demoliert worden war, wurde sie 1920 abgebaut und eingelagert. 1950 verlor sich endgültig ihre Spur.

August Heinrich Schirmer Das Belvedere bei Knoblauch mit Aussicht auf Paretz  1827 (C) SPSG Original verschollen-Ausschnitt

DAS BELVEDERE AUF DEN HOHENSBERG

 

Ca. 4 km nördlich von Paretz liegt der Kapellenberg, vom Volksmund so genannt nach der künstlichen gotischen Turmruine, die Friedrich Willhelm III dort errichten ließ.

Von der Terrasse auf dem Dach hatte man einen wunderbaren Rundblick, im Obergeschoss befand sich ein Raum, dessen Wände mit "Theaterzetteln" beklebt waren, die FW III gesammelt hatte - natürlich ein interesanter fund für Fontane, der ja fast hauptberuflich Theaterkritiker war. 

An der Stelle befindet sich heute ein kleines Akazienwäldchen - und trotz der vielen Eindenergieanlagen nördlich ist der Ausblick auch heute noch grandios. Bei gutem Wetter reicht der Blick bis zum Berliner Fernsehturm.

Johann Gottfried Schadow: Apotheose der Königin Luies

DIE APOTHEOSE

 

Die Apotheose (Vergöttlichung) der Königin Luise ist ein Terracotta Relief, das seit 1811 in der Königsloge der Paretzer Dorfkirche hängt, es ist das wohl wichtigste Kunstwerk in Paretz. 

Dennoch, Fontane hatte nur spöttische Worte dafür übrig: 

"Schadow, sonst von so gutem Geschmack, vergriff sich in diesem Falle, wie uns scheinen will, und die Inschrift eines von einem Engel gehaltenen Schildes gibt Auskunft darüber, wie er sich vergriff. Diese Inschrift lautet: »Hohenzieritz, den 19. Juli 1810, vertauschte Sie die irdische Krone mit der himmlischen, umgeben von Hoffnung, Liebe, Glaube und Treue, und in tiefe Trauer versinken Brennus und Borussia.« Wir haben hier Kunstmengerei und Religionsmengerei, alles beieinander. Die Verdienste der Arbeit sind nichtsdestoweniger bedeutend, aber sie sind mehr technischer Natur und greifen zum Teil auf das Gebiet der Kunstindustrie hinüber."

Johann Gottfried Schadow (* 1764, † 1850), preußischer Grafiker und der bedeutendste Bildhauer des deutschen Klassizismus, schuf das Kunstwerk in schweren Zeiten für einen Fabrikanten, dem FW III es dann für Paretz abkaufte. Schadows Hauptwerke sind die Prinzessinnengruppe, das Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz (1797), das Grabmal des Grafen von der Mark (1790) und die Quadriga auf dem Brandenburger Tor (1793).

Das Gusseiserne Kreuz markiert die Mitte des ehemaligen Kirchhofs, Foto: Susanne Weber

DER TOTE KIRCHHOF

 

Auf Wunsch des Königs wurde der Friedhof von seinem angestammten Platz um die Kirche auf die Nordseite des Parks verlegt.

Fontane schreibt dazu: 

»Gedenke der Abgeschiedenen!« so klingt es überall in Paretz, auch über den Kreis des Schlosses hinaus. Erinnerung und Pietät, die hier ihre Stätte haben, sie haben sie auch in den Herzen der Paretzer; still und unbemerkt üben sie ihren Totendienst; »Gedenke der Abgeschiedenen« durchklingt es auch sie.

Um die Kirche herum liegt ein Kirchhof, ein sogenannter »toter Kirchhof«; der »lebende«, die Stätte, wo begraben wird, liegt draußen, am Rande des Dorfes.

Die alte Stätte ist nur ein Grasplatz noch, niedergetreten, ohne Kreuz und Stein, aber wer scharf zusieht, der nimmt bald wahr, daß hinter dieser Verwahrlosung noch immer eine Liebe lebt. Hier und dort wächst eine Schwertlilie, ein Hagebuttenstrauch unvermittelt aus dem niedergetretenen Grase auf, und alle diese Stellen kennen die Dörfler wohl, es sind die Gräber ihrer Teuren, die sie verstohlen hegen und pflegen, in heimlicher Liebe. Denn der Kirchhof soll tot sein, der offizielle Platz für Blumen und Tränen liegt draußen.

Aber welchem Herzen ließe sich gebieten!

Paretz ist eine Stätte der Erinnerung und Pietät – auch der »tote Kirchhof«.